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30. JUNI 2011

Futterneid

Im Zusammenhang mit der Diskussion um S21/K21 berichtete das Magazin Zapp (Link nicht mehr abrufbar) über eine Pressekonferenz der Bahn. Mal ganz unabhängig davon, wie man zu einer Sache steht und ganz egal, ob es um einen Bahnhof, einen Supermarkt oder eine Umgehungsstraße oder ein Landschaftsdenkmal geht: Wer in der Form wie Herr Luik und die Redakteure von Zapp Kollegenschelte betreibt, gilt schnell als Nestbeschmutzer, muss sich fragen lassen, wessen Interessen er denn eigentlich selbst vertritt, denn so eine Kollegenschelte ist ja direkt dazu angetan, ebenfalls kritisch betrachtet zu werden. Das geht dann etwa so:

Es ist tatsächlich nicht für jeden Journalisten alles hundertprozentig nachvollziehbar, was ein Unternehmen veröffentlicht. Tatsächlich kann ein Journalist nicht mal eben „nachrechnen“, ob ein Fahrplan, den er da vorgesetzt bekommt, auch stimmt, funktioniert. Welche Optionen hätte der Kollege: a) er schreibt über nichts mehr, was er nicht durch eigenes Fachwissen prüfen kann oder b) er verwendet den Konjunktiv oder c) er holt eine zweite Meinung ein.

Im übrigen ist es gang und gäbe bei den Unternehmen, Ideen, Lösungen, Produkte und Strategien scheibchenweise zu veröffentlichen. Das war bei der Horex fast schon übertrieben praktiziert worden und das dürfte bei der Bahn nicht anders sein. Aus diesem Aspekt ist der Beitrag von Zapp über die scheibchenweise Vorab-Informiererei der Bahn so etwas wie „draußen ist Wetter“ oder „Hund beißt Briefträger“ … banal, alltäglich, normal.

Leider haben die Zapp-Kollegen uns nun ihrerseits nicht gezeigt, was die Journalisten, die bei der Bahn waren, nun tatsächlich geschrieben haben. Dennoch müssen diese sich schelten lassen, sie wären PR-Werkzeuge. Im Sinne sorgfältiger journalistischer Arbeit ist der Zapp-Beitrag selbst auch kein Vorbild, denn es ist durchaus üblich, auch eine „zweite Meinung“ darzustellen. Die gescholtenen Kollegen kommen gleichmal gar nicht zu Wort.

Ich gehe mal davon aus, dass die Kollegen, die bei der Bahn waren, in ihren Beiträgen die Maßnahmen a), b) und c) beachtet haben und dass so eine Pauschalklatsche („Alle außer Herrn Luik und uns Zapp-Leuten sind PR-Marionetten“) einfach nicht gerechtfertigt ist.

Im übrigen sticht manchen Kollegen der Hafer, wenn er bei einem Skandälchen oder einem Skandal schon den Grimme-Preis wittert.

Dies – ganz unabhängig von S21/K21 – dazu, wie eben auch durch so undifferenzierte Beiträge wie dieser aus Zapp eine Stimmung gegen Journalisten gemacht wird. Und schlimm ist es, dass so viele Leute (durch die Extra-Verbreitung via Internet und jeweilige Interessengruppen) das dann auch glauben, weil es gerade gut in ihr Weltbild passt. Irgendwann einmal graben sich die Journalisten durch Kollegenschelte einmal selbst das Wasser ab, nämlich wenn sich niemand mehr unabhängige Journalisten leisten kann und keine Journalisten mehr an Vorab-Informationen rankommen. Dann schreiben nämlich alle nur noch den Ticker ab und veröffentlichen die gleichen, abgesegneten Verlautbarungen von Ministerien und Unternehmen.

(Und ein kleines bißchen drängt sich der Verdacht auf, dass die Zapp-Kollegen einfach nur gern auch von der Bahn eingeladen worden wären.)

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