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Silberne
Münze auf gemasertem Holz

Die meisten Menschen in unserem schönen, wenn auch nicht immer überwältigenden Land, arbeiten um zu essen. Einzelne tun das nicht, aber die sind sicherlich die Minderheit. Zahnärzte arbeiten, Wissenschaftler, Bauarbeiter und Landwirte arbeiten. In den verschiedensten Berufen gibt es Gelernte und Geschickte. In der Diplomatie gibt es ausserdem noch Gesandte. Unter denen, die arbeiten gibt es zwei Gruppen der Bevölkerung. Die eine kann vom Gehalt eines Ehegatten oder dem Geld von Eltern und Minijob gut leben, die andere muss beide Ehegatten arbeiten schicken. Um erstere geht es.


31. JULI 2011

Textdiebe

Sofern nämlich das Haushaltsnettoeinkommen eines Ehegatten zum Leben reicht, wird dem zweiten langweilig. Der Ehegatte ohne Erwerbstätigkeit entwickelt einen Putzfimmel und eine gewisse Abhängigkeit von Sherry oder Portwein. Nachdem das Haus geputzt ist, ist noch nicht einmal der halbe Tag herum. Nach ein paar Monaten des Müssiggangs besinnt sich der Betroffene – und sucht eine Beschäftigung. Die einen gehen in schicke Clubs mit modischem C, die anderen suchen sich einen Job. Studenten, denen die Summe aus elterlicher Förderung und Nebeneinkommen zum Leben reicht, arbeiten dazu noch besonders günstig als Berufspraktikant.

In bestimmten Branchen ist ein mithelfender Ehegatte durchaus sinnvoll. Andere Berufe werden aus ihrer Natur heraus eher halbtags ausgeführt: Sagen wir mal „Heimbürgin”.

Es gibt aber auch Berufe, die aus der Tätigkeit heraus nicht oder nur unzureichend halbtags ausgeübt werden können. Zum Beispiel kann ein Pfarrer nicht einfach am frühen Nachmittag den Beladenen wegschicken, weil er heute schon vormittags gearbeitet hat und sich jetzt um die Kinder kümmern muss (es ist ein evangelischer Pfarrer).

Ausserdem gibt es noch verschiedene Tätigkeiten. Manche kann man einfach so ausüben, für andere braucht der Mensch eine Ausbildung. So im Journalismus. Ernst Alexander Rauter hat dazu einmal gesagt: „Viele Kollegen machen sich vor, dass man zwar ein halbes Jahr lernen muss, um ein Schwein zu zerlegen, oder drei Jahre, um einen Anzug nähen zu können, dass aber jeder schreiben kann, sobald er etwas erregt ist.“ Kluge Worte.

Mich erreichte vor geraumer Zeit folgende Mail:

hallo hr. landrock,

ich habe die absicht, nachdem ich bereits vor einigen jahren den ein oder anderen fachartikel veröffentlicht habe, neben meinem eigentlichem job, das thema fachjournalist anzugehen.

leider habe ich, ausser dem wunsch dies zu tun, keinerlei kenntnisse wie ich von meinen ideen und entwürfen von themen/artikeln zu einer veröffentlichung kommen kann. so kam ich auf die idee openbc zu nutzen, habe dadurch sie gefunden und würde mich freuen, wenn sie sich als profi etwas zeit nehmen könnten und mir etwas zu den ersten schritten sagen/mailen könnten. halte mich mit meinen konkreten fragen noch zurück (soll ja kein endlos mail werden), ich denke das wird dann der zweite schritt sein …

über ein feedback würde ich mich freuen

liebe gruesse

Was konnte ich der Mail entnehmen? Der Unbekannte, der mich da „lieb“ hatte, kannte keine Grossbuchstaben. Er ersetzte ein vierbuchstabiges Wort durch eine drei Zeichen lange Abkürzung. Er wollte „das Thema Fachjournalist angehen“. Er drohte mir mit einer Endlos-Mail an Fragen im zweiten Schritt. Nun ja. (Ich habe den Mailschreiber übrigens zu einer Schule für PR-Leute geschickt.)

Das Beispiel zeigte mir, wie Ehrgeiz auch zu einer Publikationslust führt. Erst jüngst wurde innerhalb eines Web-Seminars des DJV auch darüber diskutiert, wie genau diejenigen, die unbedingt zu einer Veröffentlichung kommen möchten, ihrerseits mit besonders günstigen Preisen die Honorarempfehlungen des Journalistenverbandes und die sowieso schon dünnen Honorarvereinbarungen mit den Auftraggebern unterwandern.

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